dec 97Interview: SAAFI BROTHERShamburg, germany(taken from: mushroom magazine dec 97) Text: Kai-Thies Mathesdorf Schade, daß so ein jokiges und superlanges Interview aus Platzmangel immer nur in Auszügen veröffentlicht werden kann. Alex Azary, Gabriel Le Mar & Michael Kohlbecker arbeiten in so vielen Projekten, und um den Rahmen nicht zu sprengen, haben wir uns bemüht, nur die Saafi-Brothers-Aktivitäten auf diese Seiten zu retten. Seht selbst. Pilz: Ihr seid ja alle alte Heroen des Frankfurter Nachtlebens und an der Geschichte des Techno in Deutschland von Anfang an beteiligt gewesen. Alex hat mal zusammen mit Markus Löffel das "XS" gemacht und war unter anderem der Vertriebsmann von Logic. Michael war der Meister des "Eternal Basement"- Projekts, Gabriel und Alex machen "Aural Float"; es fallen in eurem Dunstkreis immer wieder die Namen von Talla und Sven Väth. Wie seid ihr zusammengekommen? Gabriel: Die Saafi-Brothers waren eigentlich ein Remix-Project. Irgendwann haben wir uns dann entschlossen, ein ganzes Album zu machen. SB sind eigentlich viele Leute, eher eine Brotherhood, ein Pool von Leuten. Neben uns drei sind auch viele andere Leute damit beschäftigt, die gar nicht so scharf darauf sind, ihren Namen überall zu lesen. Manche kennen wir schon seit unseren Anfängen und arbeiten immer wieder zusammen. Es geht uns um different signatures verschiedener Künstler, die von uns eingebunden und verwoben werden. Pilz: Eure Homebase ist in Frankfurt. Wie seid ihr gerade auf Blue Room gekommen? Gabriel: "Mystic Cigarettes" ist die Essenz aus den letzten sechs Jahren. Das Album ist passiert, ohne das wir vorher einen Plan hatten und erst als es fertig war, haben wir uns auf den Weg gemacht, es unterzubringen. Die Musik, die dabei 'rausgekommen ist, ist im weitesten Sinne ja schon psychedelic oder dubbig oder wie auch immer und da haben die bei BR schon ein offenes Ohr für gehabt. Wir haben gesehen, daß die halt verschiedene Acts haben und nicht nur so Old-School-Goa. Unser Kontakter war Karsten Stecker, das ist Amenophis. Der hat unser Zeug auf den Tisch gelegt und unsere Telefonnummer dazu. It's just a phonecall away, hat er gesagt und ritsch ratsch war der phonecall da. Pilz: Wie ist es zu den Remixen von "Internal Code Error" gekommen? War das X-Dream-Remix Simons Idee? Gabriel: Wir hatten unsere Frankfurter (Jammin'Unit und Bandulu) vorgeschlagen und darum gebeten, nochmal BR-Kollegen daran zu lassen, wobei wir schon an Juno Reactor oder X-Dream gedacht haben, weil wir mit denen auch 'ne gute Relation haben. Pilz: Ich finde, daß das mit den Remixen manchmal 'ne dubiose Sache ist. Es gibt z.B. von Juno Reactor auf der ersten "God is God"- Maxi einen CJ Bolland Mix, der nichts mehr mit irgendwas zu tun hat. Da ist es schon schade um die Vinyl-Strecke ... Gabriel: Mit dem CJ Bolland-Mix geb'ich dir recht. Der ist ganz schön weit weg. It's a risky game (lacht). Das Aufbrechen der Strukturen, das unsere Remixer betrieben haben, macht am Ende aber doch Sinn. Das sind zwar Positionen, die sich auf den ersten Blick sehr unterscheiden, aber dann hörst Du genau hin und merkst: alles ist connected. Ich kann gut damit leben. Das X-Dream-Remix bringt einen sehr techno-mäßigen Vibe rüber. Es ist minimalistischer, technoider und weniger euphorisch, Produzenten-mäßig heißt das, daß du nicht minimale Lines nimmst und dann endlose Echos draufgibst und dann glitzert alles und man hat nur noch spirals. That's the way, many tracks work. Michel: Die Remixer sind von uns ganz bewußt ausgesucht worden, um diesen faschistoiden Goa-Psychedelic-Charakter zu brechen. Mit den vielen Leuten, die am SB-Projekt beteiligt sind, ist es fast ein bißchen Multi-Kulti, was die Musikrichtungen angeht. Pilz: Das ist ein edler Grundsatz. Michel: Das ist von nöten. Definition is limitation. Gabriel: Ich glaube, daß wir mit unserem Sound zwischen den Stühlen sitzen. Es gibt Leute, die auf Dragonfly odet T.I.P. stehen, so auf Old-School-Hard-core-Acid-Trance mit Arabmelodien auf Roland-Synthesizern. Es ist o.k., I don't want to put a blame on it. Aber es ist überraschend, daß gerade solche Leute einem die Nadel von der Platte nehmen, wenn's drauf ankommt. Das ist der Goa-Faschismus, aber das ist wohl wie überall. In unserem Sound sind viele Elemente aus Reggae-Dub enthalten; trotzdem machen wir keine Dub-Tracks. Es ist alles ineinander verwoben, mal glitzert Elektro, mal was Psychedelisches durch. Wenn man sich drauf einläßt, fließt man mit. Pilz: Ich habe euch nur einmal live gesehen. Das war auf der ShivaMoon. Es war sehr geil, wie ihr das Volk nach der Sperr-stunde wieder hochgezwirbelt habt. Gabriel: Ich habe nach wie vor keine Distanz dazu. Wir hatten ziemlich Schiss und und wußten vorher auch nicht so genau, was wir eigentlich machen sollten. Ich seh'mich immer noch am Tisch, hoffen, daß der Mixer nicht zusammenbricht; der Kopfhörer ist auch noch abgefuckt. Aber als die Leute angefangen haben zu tanzen, lief es wie von selbst. Hinter uns stand Mike Maguire, eine absolut großartige Seele, dann paßt das schon. Es geht immer um Seelenverwandschaften. Pilz: Macht ihr noch irgendwas live zum Album-Release? Gabriel: Nö. Sylvester sind wir auf 'ner BR-Party in London als Montauk P. zusammen mit Juno Reactor und Sunkings, Mike als DJ und noch zwei anderen DJs. Ich war schon im August auf einer BR-Party in London. That kicks really ... Pilz: Ihr macht so eine DJ-Set-Live-Performance. Wie geht das ab? Gabriel: Wir legen PingPong auf mit Dats, Platten und Sampler. Wir machen permanent Sound und mixen alles wie ein Soundsystem zusammen. Michel: Live bedeutet gemeinhin, daß man nur Tracks von sich selbst spielt. Es gibt aber kein Gesetz, was einen davon abhalten sollte, auch andere Tracks, die einem am Herzen liegen, zu spielen. Gabriel: Man kann das für die Leute spannender gestalten; das macht auch mehr Spaß für uns. Live bedeutet nicht das Bedienen von Fernbedienungen oder das Konfigurieren eines Systems. Live heißt, den Moment zu nutzen. |